Die Crufts, eine DER, wenn nicht sogar DIE Ausstellung im Jahr, zog bereits ihre Kreise. Zur Vorbereitung hatte ich ein weiteres Seminar bei Eric Salas gebucht. Das fand, wie sollte es anders sein, in England statt. Ich habe lange Zeit mit mir gerungen, ob ich BamBam auf die Reise nach England mitnehmen kann oder ihn lieber zuhause lasse. Er ist am liebsten bei mir. Selbst, wenn es sich um eine Ausstellung handelt. Andererseits kann es ihn auch stressen, wenn ich die ganze Zeit mit Sonny arbeite und er zuschauen und warten muss. Das ist langweilig für ihn und auch die Autofahrt ist lang. Seit der OP habe ich ständig mit mir gerungen. Am liebsten habe ich ihn ja auch bei mir. Andererseits, da darf man sich nichts vormachen, ist er jetzt statistisch betrachtet im kritischen Alter, was Magendrehungen anbelangt. Und die haben auch eine stressbedingte Komponente, wie man mittlerweile weiß. Das letzte, was ich wollte, ist ein solches Horrorszenario heraufbeschwören. Also entschied ich mich schweren Herzens, ihn in Volkers Obhut zu lassen. Ich weiß ja, dass er es bei ihm genauso gut hat wie bei mir. Noch dazu hat er Hellboy dabei, mit dem er gerne auch mal spielt. Meine persönlichen Interessen musste ich hintenanstellen, um mich voll und ganz auf das Training mit Sonny konzentrieren zu können.
Und so genoss ich die Woche zu hause so gut es ging und machte mich schließlich am Freitag mit Sonny auf den Weg nach England. Mittlerweile bin ich, was die Reisevorbereitung anbelangt, routiniert. Die Papiere stimmen und so können wir entspannt der Grenzkontrolle entgegensehen, an der Pet Reception einchecken und beobachten, wie andere gezwungen werden, für 45 Euro neue Heimtierausweise zu kaufen. Schließlich kann ich im Tunnel nach ca. 7 Stunden Autofahrt plus Pausen auch ein paar Minuten relaxen. Die Fahrt durch den Tunnel dauert ca. 35 Minuten und verlief bislang immer unproblematisch.
Ich selbst ziehe die Überfahrt mit dem Zug der mit der Fähre vor. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen lasse ich meinen Hund nicht gerne alleine im Auto, auch wenn das eigentlich Unsinn ist. Ich bin schon gezwungenermaßen mit der Fähre gefahren, weil ich keinen Platz mehr im Zug bekommen habe. Als ich nach 2,5 nervenaufreibenden Stunden am Bus war und die Tür aufriss, erntete ich nur ein unwilliges Brummen statt Begeisterung über meine Rückkehr. Die Herren wollten schlafen, schließlich war es nachts und dunkel. Da schläft man!
Außerdem hat die Fahrt im Zug den Vorteil, dass man direkt von der Autobahn auf dem Zug landed und auch in England direkt vom Zug auf die Autobahn gelenkt wird. Der Linksverkehr verliert so ein bisschen an Beklemmung, denn man wird zu Beginn zwangsweise richtig geleitet. Außerdem ist die Überfahrt deutlich kürzer als mit der Fähre und dadurch, dass man im Fahrzeug bleiben kann, deutlich entspannender. Abschließend kommt noch dazu, dass ich der Überfahrt über dieses tiefe, dunkle Gewässer einfach nichts abgewinnen kann. Ein Tunnel mit festem Boden unter den Füßen wirkt auf mich irgendwie solider. Selbst, wenn ein Meer darüber ist.
Die Kosten für die Überfahrt mit dem Bus richten sich hauptsächlich nach der Tageszeit und (unverschämterweise) nach der Anzahl der mitgenommenen Haustiere, obwohl diese im Auto mitfahren. Diese Hin- und Rückfahrt mit einem Hund hat ca. 350 Euro gekostet. Der Hund schlägt dabei mit 25 Euro pro Fahrt zu Buche.
Bislang habe ich mich in England immer im Bereich „Midlands“ aufgehalten. Der Verkehr in diesem Teil des Landes ist einfach furchtbar. Die Google-Angabe stimmt nie.
Eine Stunde muss man immer minimum draufrechnen, weil es jedesmal irgendwo einen Unfall gibt. Geduld ist gefragt, wenn man irgendwann ankommen will. Google Maps hat sich als beste Reiseleitung herausgestellt. Allerdings muss man hier genau aufpassen, dass man nicht wegen drei Minuten Zeitersparnis durch eine Innenstadt geführt wird. Ist mir schon passiert und wirklich kein Spaß zur Hauptverkehrszeit.
Mein Eindruck ist, dass sehr viele Hotels in England keine Hunde aufnehmen. Daher verließ ich mich auf die Empfehlung des Seminarveranstalters und buchte im Brandon Hall Hotel ein. Eine hervorragende Entscheidung. Zwar ist die Ausstattung ein wenig altmodisch, aber dafür ist das Personal superhundefreundlich, sehr serviceorientiert und das beste: das Hotel hat zwei eigene „Private Footpaths“. Das sind hoteleigene Wanderwege. Einer davon war recht unspektakulär und führte nur auf eine grob eingezäunte, riesige Wiese, die auch von Einheimischen genutzt wurde.
Der zweite Wanderweg hingegen führte durch bewaldetes Gebiet, das, wie ich schnell merkte, von Kaninchen großzügig bevölkert war. Also kam in den ersten zwei Tagen das Geschirr und die Megaflexileine zum Einsatz. Bei Aufenthalten in unbekannten Gegenden gehe ich null Risiko ein und leine Sonny in solchen Situationen lieber einmal zuviel als zu wenig an. Zu groß ist mein Horror davor, dass er mir in einem unbeobachteten Moment durchstartet. Mit seinen 21 Monaten ist die Ausbildung noch nicht abgeschlossen. Dazu kommt, dass er durch die lange Autofahrt bei weitem nicht ausgelastet war. Keine gute Kombination: ein Junghund auf der Suche nach Herausforderungen und ein Haufen wilder Kaninchen. Nach zwei Tagen konnte ich mich allerdings halbwegs entspannen. Sonny nahm die gemütlich hoppelnden Häschen irgendwie nicht als jagdbar wahr. Zwar guckte er interessiert, aber Rehe versetzen ihn normalerweise deutlich mehr in Aufregung. Wachsamkeit war also nach wie vor gefragt, aber ich musste ihn nicht die ganze Zeit an der Flexi halten, sondern konnte ihn dann auch laufen lassen.
Die Mentalität in England ist bezüglich des Hetzens von Wildtieren übrigens eine andere als bei uns. Als ich einer Freundin, die mich im Hotel besuchte, von meinen Bemühungen berichtete, Sonny von den Kaninchen fernzuhalten, wurde ich ein Stück weit verständnislos angesehen. Wenn ein einzelner Hund etwas hetzt, ist das dort „fair game“. Bei mehr als einem Hund allerdings bekommt man ein Problem, weil dies nach dem Jagdgesetz nicht mehr gestattet ist. Auch Nutzvieh wie Schafe, Rinder, etc. dürfen natürlich nicht gehetzt werden.
Als ich ihr berichtete, dass bei uns sogar dreieinhalb Monate Leinenzwang herrscht, um die Wildtiere zu schützen, war die Ungläubigkeit ob dieser Tierquälerei gegen die Hunde ziemlich groß. Das machte mir England direkt noch ein bisschen mehr sympathisch.
Samstag und Sonntag stand ganz unter dem Motto „Vorbereitung Crufts“. Mit vielen Mitstreitern machten wir mit beim Handling-Seminar. Die zusätzlich gebuchte, private Session gab noch einmal neuen Input. Dies war mein mittlerweile fünfter Workshop in Europa und scheinbar ist mein Handling-Level mittlerweile soweit fortgeschritten, dass er sich entschied, mich zum „Train the Trainer“-Seminar einzuladen. Zukünftig kann ich also, was mich unglaublich freut, nach seiner Methode auch andere trainieren. Das Seminar selbst war unglaublich interessant, da Eric dort viel Videomaterial aus seinen Workshops zeigte, das sonst nicht online zugänglich ist. Spannend ist auch, dass bislang senr wenige RRs in den Reihen der Teilnehmer haben. Demzufolge habe ich dort auch sehr viel über andere Rassen gelernt. Deshalb nahm ich auch am Grooming-Seminar teil. Es ist einfach unglaublich, worauf man achten muss und wie man seinen Hund zur Perfektion bringen kann. Sofern er ein paar mehr Haare hat als ein Ridgeback… Auch das Handling anderer Rassen ist spannend. Worauf muss man achten, wenn dieser spezielle Hund dem Richter präsentiert wird? Es ist eine Sache, sich mit seiner eigenen Rasse und seinem eigenen Hund auszukennen. Ein völlig anderes Level ist es, auch andere Rassen vorstellen zu können. Es ist unglaublich spannend, mit anderen Hunden zu arbeiten und mir macht das sehr viel Spaß.
Die Woche bis zur Crufts verbrachten wir mit Spaziergängen, Trainingseinheiten und lieben Menschen. Die Zeit verging wie im Flug und ratzfatz war sie da: die wohl bekannteste Ausstellung der Welt. Die Crufts!